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29. November
Springerville
Arizona, USA
Horst

Archiv Berichte
  Durchquerung des faszinierenden Süden Utahs

Moab, das Mountainbike-Mekka in den USA schlechthin, zeigte sich während unseres Aufenthaltes für einmal von der Schlechtwetterseite. Erstens wollte ich wegen meiner Hüft-Geschichte kein Risiko eingehen und zunächst einmal wieder das Offroad-Feeling spüren. Da Ruth und Holger nicht biken wollten und ich mich nicht in den Irrgärten der Slickrocks (glatte Sandsteinfelsen, auf denen sich die Reifen hervorragend festkrallen) verirren wollte, nahm ich an einer geführten Tour für Anfänger teil. Zudem wäre es überrissen teuer gewesen, den legendären White Rim Trail zu befahren. Man braucht eine Genehmigung, und wegen der Distanz von ca. 90 Meilen ohne Gelegenheit Wasser nachzufüllen, kann man alleine nicht durchkommen. Die geführte Tour war genau passend für mich, Slickrock, Erd- und Sandpartien, Gräben, Absätze, und immer super Panoramablicke. Meine Bewertung: F ür wirkliche Anfänger ist die Tour nicht geeignet. Nach der Tour regnete es zwei Tage lang und die gesamte Region war für meine Verhältnisse nicht zu befahren. Bis alles einigermassen trocken war, zogen wir weiter. Eines ist klar, nach Moab möchte ich später noch einmal zurückkehren.

Nach einer Woche Aufenthalt in Moab fuhren wir seit langem nicht Richtung Osten, Westen oder Süden, sondern nach Norden. Das war zwar psychologisch und klimatisch nicht so gut, aber wir wollten durch ein paar interessante Gebiete radeln. Über die wie es so schön heisst "vom Hund verfrorenen" Orte Green River und Hanksville erreichten wir nach vier Tagen Durchquerung von Wüsten und Faltengebirge (Waterpocket Fold) den Capitol Reef Nationalpark. Die letzten 15 km vor dem Park durchfuhren wir ein enges Flusstal, nach jeder Kurve neue faszinierende Felsformationen erblickend. An einer Stelle waren uralte Indianer-Felszeichnungen, sogenannte Petroglyphen, zu sehen. Am nächsten Morgen begaben wir uns ohne Gepäck auf einen "Radausflug" innerhalb des Parkgebietes, weil wir den gleichen Weg zum Eingang zurück mussten. Nach Verlassen des Parks erreichten wir am Nachmittag über weitere Traumstrecken Torrey. Hier war auch nichts mehr los, für die Saison alles geschlossen, lediglich zwei Hotels mit Restaurant und eine Tankstelle hatten geöffnet, die Tankstelle wenigstens mit ein paar Lebensmitteln für unseren Bedarf. Der RV-Park gegenüber der Tankstelle hatte auch geschlossen, wir richteten aber trotzdem an einer windgeschützten Stelle unser Nachtlager ein. Wir waren kaum mit dem Zeltaufbauen fertig, als Harald (ein deutscher Radler) angefahren kam. Kurzerhand beschlossen wir, gemeinsam im Hotelrestaurant zu speisen. Es ging ziemlich heiter zu.

Von Torrey nach Boulder überquerten wir zu viert einen unerwartet anstrengenden Pass. Auf Passhöhe wehte ein eisiger Wind, kaum eine halbe Stunde später rissen wir nach einer Superabfahrt unsere wärmenden Kleider von uns. In Boulder, wo der Burr Trail zum Lake Powell abzweigt, wollten wir campen, fanden nichts und konnten uns letztlich neben dem Tankstellen-Shop mit drei Zelten auf engstem Raum einrichten. Wieder bequemten wir uns in das einzige geöffnete Restaurant, und genossen eine riesige Pizza. Allerdings haben wir noch nie im Leben eine solch schlechte Bedienung erlebt. Das Besteck und die Teller hat uns der äussert unfreundliche Kerl auf den Tisch geknallt, unglaublich. Wir waren nicht die Einzigen, die diesen "Service" erhielten. Mit grossen Löchern im Bauch nach der anstrengenden Tagesfahrt verzerrten wir die Pizzen und Biere und verliessen schnell den Ort.

Im Tankstellen-Shop erkundigten wir uns am nächsten Morgen nach dem Strassenzustand des Burr Trails. Ein Farmer, der gerade anwesend war, riet uns von unserem Vorhaben ab, denn es sollte bald Regen einsetzen, der den Trail für Tage unpassierbar machen würde. Das kam uns sehr ungelegen, bedeutete es, einen riesigen Umweg zu fahren. Wir wollten in ca. 5 Tagen im Monument Valley sein, durch welches Ruth wegen der einmaligen Szenerie unbedingt radeln wollte. Jetzt mussten wir nochmals 5 Tage extra berechnen. Eigentlich so schlimm war der Umweg nicht, denn er hatte auch einige landschaftliche Schönheiten parat. Auch zusätzliche Höhenmeter waren zu klettern. Wegen der spektakulären Region "Staircase Escalante" und Bryce Canyon Nationalpark entschieden wir uns, dort durch zu fahren.

Wiederum zu viert fuhren wir eine weitere Etappe, bis zum Ort Escalante, wo Harald uns nach 2 Tagen verliess und Holger, Ruth und ich 2 weitere Tage warteten, um vielleicht umdrehen zu können, um doch noch den Burr Trail fahren zu können. Es sollte nicht sein. Somit ging´s weiter über das Kodakchrome Valley, eine kleine Region mit skurilen roten Felstürmen bis zum Bryce Canyon Nationalpark. Es ist kaum zu beschreiben, was die Natur in Millionen von Jahren hier hergezaubert hat. In unserer Galerie "Bryce Canyon" könnt Ihr Euch einen kleinen Eindruck verschaffen.

Welch ein Glück hatten wir mal wieder. Vom Bryce Canyon aus traten wir einen halben Tag gegen den Wind, teils auf einem super neuen Radweg abseits der Hauptstrasse, durch den Red Canyon bis nach Hatch in die Pedale. Bei Einbruch der Dämmerung richteten wir uns kurzerhand beim überdachten und windgeschütztem Sitzplatz einer öffentlichen Anlage unseren Übernachtungsplatz ein.

Von Hatch brauchten wir über Kanab ganze zwei Tage bis zum Lake Powell, den gestauten Colorado River, welchen wir erst in der Dunkelheit erreichten. Fröstelnd und hungrig bauten wir unsere Zelte auf. Als wir unseren Kocher zusammenbauen wollten, merkten wir, dass ein kleines Teil fehlte. Oh Schreck, ohne dieses Teil war der Kocher nicht mehr zu gebrauchen. Und schon wieder Glück. Holger hatte ja auch noch seinen Kocher dabei, so konnten wir dennoch etwas Warmes köcheln.

Bis nach Page in Arizona waren es vom Campground keine 20 km mehr. Die Fahrt dorthin war aber nicht flach, denn der Lake Powell liegt auf knapp über 1000 hm, und bis zur Ortsmitte in Page mussten noch 350 hm erklommen werden. Anfangs führte die Strasse herrlich bis fast zur Staumauer am See entlang. Der Wasserspiegel des Sees hat sich in den letzten 5 Jahren sichtbar am Fels 30 Meter gesenkt, extrem viel Wasser wird nämlich in den Metropolen Las Vegas und Los Angeles verplempert. Beim Visitor Center der Staumauer wollten wir kurz hineinschauen. Mit unseren Lenkertaschen gingen wir Richtung Eingang, als plötzlich ein korpulenter dunkelhäutiger, Sonnenbrille tragender Sicherheitsbeamter uns entgegenkam und meinte, wir dürften nicht mit Tasche hineinkommen. Zudem würden wir wie am Flughafen einer Röntgenkontrolle unterzogen. Das wollte ich (Horst) nicht, denn mit meinen Titanschrauben im Bein hätte es sicher ein paar Unannehmlichkeiten gegeben. Einzig Ruth hatte sich die Kontrollbestrahlung gefallen lassen. Bei der Auffahrt ins Ortszentrum von Page kamen wir an einer auffälligen Farbfläche vorbei. Hier wird die Wüste für die Golfer mit dem abnehmenden Wasser des Stausees begrünt.

In Page blieben wir zwei Nächte, um eine organisierte Tour in den Antelope Canyon zu unternehmen. Eine Stunde lang konnten wir in den ein bis drei Meter engen sogenannten Slot Canyons, wo man nur an ganz wenigen Stellen den Himmel erblicken kann, die Farbverläufe in den Sandsteinfelsen bewundern.

Von Page aus, nun im Navajo-Indianerland, bewegten wir uns fast den ganzen Tag aufwärts, nicht steil aber stetig. Nur ab und zu hatten wir zur Erholung ein paar kurze Flach- oder Abfahrtsstrecken. Unterwegs wurde mir aus dem Fenster einer älteren Grossraumlimousine, in der Navajo-Indianer sassen, eine Bierdose gereicht. Dankend und lachend nahm ich das Geschenk an und verstaute es gleich in der Tasche. Ich war überrascht von dem Angebot und hatte mir in dem Augenblick keine Gedanken darüber gemacht, was ich durch die Annahme von Alkohol, dazu noch während des Radfahrens, für eine Wirkung bei den Indianern erzielt hatte. Das mit dem Alkohol ist nämlich im Navajo-Staat, ein Staat im Staat, welcher sich flächenmässig über Teilgebiete von Utah, Colorado, Arizona und New Mexico erstreckt, ein grosses Problem. Es gibt deswegen dort keine Gelegenheit, alkoholische Getränke zu kaufen. Was machen einige Indianer, sie quetschen sich, so viele Personen wie es irgendwie geht, in ihre Autos und fahren über die Navajolandgrenze, lassen sich im meist naheliegenden Pub volllaufen und/oder beladen ihre Autos beim Bottle Shop. Auffallend sind jedenfalls die Strassenränder in diesem sehr dünn besiedeltem Gebiet. Es gibt wirklich kaum einen Meter, wo nicht leere Bierflaschen, -dosen, oder Weinflaschen liegen. Wir mussten mit unseren Velos wegen der Glasscherben besonders vorsichtig fahren.

Gute Informationen über die Navajo-Indianer und ihr Land findet Ihr unter www.navajonationparks.org und www.discovernavajo.com

Am Abend unserer anstrengenden Etappe nahmen wir gerne das Angebot der Ladenbesitzerin der Crossroads Trading Post an, hinter dem Geschäft unsere Zelte aufzuschlagen und kochen zu dürfen. Im Laden wärmten wir uns erst einmal mit einem Kaffee auf, bevor wir bei eisigem Wind unser Abendmahl zubereiteten und uns schnell nach dem Verzehr ins Zelt zurückzogen. In den meisten Fällen verläuft es unkompliziert, wenn wir nach einem Platz zum Zelten fragen. Das kann hinter einer Tankstelle oder einem Restaurant sein, im Vorgarten eines Privatgrundstücks, auf dem Spielplatz, beim Kindergarten, in der öffentllichen Parkanlage usw.

Zum National Monument der Navajo-Indianer radelten wir in einer halben Tagesetappe. Eine relativ kleine Nationalparkregion über 2000 m gelegen, wo in einer Schlucht in der Felswand uralte Indianersiedlungsstrukturen bestens erhalten sind.

Vom National Monument pedalten wir wiederum in einer halben Tagesetappe nach Kayenta, ein regionales Zentrum südlich des Monument Valleys. Wir glaubten, es sei einfach, einen geeigneten Platz zum Übernachten zu finden.